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Netzengpassmanagement in Q1/2025
Uneinheitliche Entwicklungen
28.07.2025 - Trotz rückläufiger Redispatch-Maßnahmen mit erneuerbaren Energien erhöhten sich die vorläufigen Kosten für das Netzengpassmanagement insgesamt deutlich – um etwa 37 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal.
Der voranschreitende Ausbau lastferner Erneuerbare-Energien-Anlagen bei gleichzeitig langen Realisierungszeiten im Netzausbau führen zu Belastungen der Übertragungs- und Verteilernetze. Da im Norden Windkraftanlagen viel Strom ins Netz einspeisen und in den südlichen Bundesländern große industrielle Lasten mit starken Stromverbräuchen angesiedelt sind, entsteht im Stromnetz ein intensiver Nord-Süd-Fluss, der die Kapazität mancher Leitungen übersteigt. In manchen Situationen verlagern sich die Engpässe derzeit auch in Ost-West-Richtung.
Um die Netzüberlastungen zu vermeiden, ist ein erheblicher Ausbau der Stromversorgungsnetze in der Umsetzung. Bis zu einem ausreichenden Ausbau ist es jedoch phasenweise erforderlich, die Erzeugung des Stroms geographisch umzuverteilen. Beispielsweise wird dann die Einspeisung einer Erzeugungsanlage vor dem Engpass reduziert und hinter dem Engpass einer anderen Anlage erhöht. Dies geschieht durch das Netzengpassmanagement.
Das Redispatch-Volumen mit erneuerbaren Energien ging im Vergleich zum Vorjahresquartal zurück.
Im Vergleich zum Vorjahresquartal ist das Volumen der Redispatch-Maßnahmen mit erneuerbaren Energien um rund 13 Prozent gesunken – von 2.429 GWh in Q1 2024 auf 2.115 GWh in Q1 2025.
Dieser Rückgang betrifft vor allem Maßnahmen mit Windenergieanlagen an Land (Onshore), deren Volumen von 1.196 GWh auf 719 GWh deutlich zurückging. Die Eingriffe bei Windenergieanlagen auf See (Offshore) lagen hingegen mit 1.155 GWh leicht über dem Vorjahresniveau (Q1 2024: 1.115 GWh). Hauptursache für diese Entwicklung war eine insgesamt unterdurchschnittliche Windeinspeisung im ersten Quartal 2025. Zwar kam es im Januar und Februar noch zu mehreren Phasen mit hoher Windeinspeisung – insbesondere in küstennahen Regionen – im März nahm die Windaktivität jedoch spürbar ab.
Gleichzeitig stieg das Volumen der Abregelungen von Photovoltaikanlagen deutlich an: von 108 GWh im ersten Quartal 2024 auf 234 GWh im gleichen Zeitraum 2025. Dieser Anstieg ist vor allem auf außergewöhnlich hohe Sonneneinstrahlung zurückzuführen. Alle drei Monate des ersten Quartals waren überdurchschnittlich sonnig; im März wurden laut DWD 199 Sonnenstunden verzeichnet – ein Wert, der sonst nur in Sommermonaten erreicht wird. Zudem lag die installierte Leistung von Photovoltaikanlagen mit 86,4 GW um fast 10 GW höher als im Vorjahresquartal (76,6 GW).
Das gesamte Maßnahmenvolumen für Netzengpassmanagement (Redispatchmaßnahmen mit Markt- und Netzreservekraftwerken sowie Countertrading) lag im ersten Quartal 2025 bei 8.997 GWh. Davon entfielen 4.144 GWh auf Einspeisereduzierungen, 2.115 GWh auf den Redispatch mit erneuerbaren Energien und 2.029 GWh auf konventionelle Kraftwerke.
Mehr als 96 Prozent der erneuerbaren Erzeugung konnten zu den Letztverbrauchern transportiert werden.
Obwohl rund 41 Prozent der betroffenen Anlagen im Verteilernetz angeschlossen sind, waren etwa 79 Prozent der zugrunde liegenden Netzengpässe im Übertragungsnetz lokalisiert. Rund 21 Prozent der Redispatch-Maßnahmen im Bereich der erneuerbaren Energien gingen auf Engpässe im Verteilernetz zurück. Insgesamt machten Abregelungen erneuerbarer Energien 3,5 Prozent der gesamten erneuerbaren Stromerzeugung aus. Damit konnten über 96 Prozent des Ökostroms ins Netz eingespeist und von den Endverbrauchern genutzt werden.
Im ersten Quartal 2025 stieg der negative Redispatch mit konventionellen Kraftwerken im Vergleich zum Vorjahr.
Der negative Redispatch mit konventionellen Kraftwerken (einschließlich Börsengeschäften) belief sich im ersten Quartal 2025 auf 2.029 GWh – ein Anstieg von rund 46 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal.
Etwa 37 Prozent bzw. 758 GWh der reduzierten Einspeisemenge entfielen auf grenzüberschreitende Börsengeschäfte – überwiegend mit Dänemark – die keinem bestimmten Energieträger zugeordnet werden können (Q1 2024: 546 GWh).
Den stärksten Zuwachs bei den Einspeisereduzierungen verzeichneten Braunkohle- und Steinkohlekraftwerke mit jeweils 626 GWh (Q1 2024: 494 GWh) bzw. 348 GWh (Q1 2024: 63 GWh). Mehr als 90 Prozent der Einspeisereduzierungen von Braunkohlekraftwerken fanden in Brandenburg und Sachsen statt. Den größten Anstieg verzeichnete Sachsen, wo sich die Einspeisereduzierungen gegenüber dem Vorjahresquartal um rund 131 Prozent erhöhten.
Rund 71 Prozent der Einspeisereduzierungen bei Steinkohlekraftwerken entfielen auf Niedersachsen – ebenfalls mit einem deutlichen Anstieg gegenüber dem Vorjahresquartal.
Der Anstieg der Einspeisereduzierungen bei Kohlekraftwerken im ersten Quartal 2025 ist im Wesentlichen auf das gestiegene Großhandelsstrompreisniveau im ersten Quartal 2025 zurückzuführen. Während im Vorjahresquartal die niedrigen Marktpreise dazu führten, dass Kohlekraftwerke oftmals gar nicht am Markt eingesetzt wurden, lag das Preisniveau im ersten Quartal 2025 deutlich höher. Dadurch wurden die Anlagen häufiger eingesetzt, was wiederum zu anderen Lastflüssen und damit auch zu anderen Netzüberlastungen führte. Da konventionelle Kraftwerke vorrangig vor erneuerbarer Erzeugung abgeregelt werden müssen, stieg damit die Menge der Einspeisereduzierungen bei konventionellen Anlagen. Eine höhere Abregelung konventioneller Anlagen sollte sich strukturell kostensenkend auswirken, da die herunterzufahrenden Kraftwerke den Netzbetreibern die ersparten Brennstoffkosten zu erstatten haben.
Das Maßnahmenvolumen des positiven Redispatches betrug im ersten Quartal 2025 rund 3.277 GWh und ist um 24 Prozent angestiegen.
Zum Ausgleich der Reduzierungen wurden die Einspeisungen der am Markt befindlichen Erzeugungsanlagen im ersten Quartal 2025 um insgesamt 2.590 GWh erhöht – ein Anstieg von rund 14 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal (Q1 2024: 2.263 GWh).
Die Einspeisung durch Reservekraftwerke – einschließlich Probestarts und Testfahrten – belief sich auf 687 GWh und lag damit deutlich über dem Wert des Vorjahresquartals (Q1 2024: 372 GWh).
Diese Entwicklung spiegelt den proportionalen Anstieg der Einspeisereduzierungen im ersten Quartal 2025 wider.
Insgesamt (Markt- und Reservekraftwerke) wurden Erdgas- und Steinkohlekraftwerke mit 1.740 GWh bzw. 970 GWh am häufigsten für Erhöhungen der Einspeisung herangezogen.
Mit deutlichem Abstand entfiel der Großteil der Erhöhungen bei Erdgaskraftwerken – 1.262 GWh – auf Anlagen in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen.
Bei Steinkohlekraftwerken fanden 81 Prozent der Erhöhungen (786 GWh) in Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg statt.
Die Menge der Countertrading-Maßnahmen belief sich im ersten Quartal 2025 auf rund 1.575 GWh und ist damit im Vergleich zum Vorjahreszeitraum (Q1 2024: 1.888 GWh) um etwa 17 Prozent zurückgegangen. Der Rückgang des Countertrading-Bedarfs lässt sich auf drei Faktoren zurückführen: Zum einen wurden Netzausbauprojekte realisiert, die Engpässe verringert haben. Zum anderen wurde der bilaterale Countertrading-Prozess auf Veranlassung des dänischen Übertragungsnetzbetreibers angepasst, was zu einer Verschiebung hin zu mehr Redispatch-Maßnahmen geführt hat. Zudem führte ein geringeres Windaufkommen im ersten Quartal 2025 zu weniger Netzüberlastungen in den relevanten Gebieten und damit zu einem reduzierten Bedarf an Countertrading.
Die vorläufigen Kosten des Netzengpassmanagements stiegen im ersten Quartal 2025 auf rund 855 Mio. Euro und lagen damit rund 37 Prozent über dem Vorjahreswert (Q1 2024: 624 Mio. Euro).
Der Kostenanstieg im Netzengpassmanagement ist teilweise auf die Zunahme des Maßnahmenvolumens und teilweise auf die Verschiebung weg von Countertrading-Maßnahmen hin zu teureren Redispatchmaßnahmen aber auch auf gestiegene Großhandels- und Brennstoffpreise zurückzuführen.
Die gestiegenen, durchschnittlichen Redispatch-Kosten pro Megawattstunde (MWh) verdeut-lichen diese Entwicklung: Im ersten Quartal 2025 beliefen sich die durchschnittlichen Kosten für die Reduzierung der Einspeisung konventioneller Kraftwerke auf 154,9 Euro pro MWh – gegenüber 107,2 Euro im entsprechenden Vorjahreszeitraum. Dabei ist zu beachten, dass sowohl die eingesparten Brennstoffkosten bei der Reduzierung als auch die Kosten für das Hochfahren anderer Anlagen zum Ausgleich der reduzierten Einspeisemenge in die Berech-nung einfließen. Die angegebenen Kosten beziehen sich jeweils auf die reduzierte Einspeise-menge.
Beim Redispatch von Erneuerbare-Energien-Anlagen betrugen die Kosten 211,6 Euro pro MWh (Q1 2024: 183 Euro/MWh). Zu den Kosten zählt auch die Marktprämie, die den Betreibern für die abgeregelte Strommenge gezahlt wird. Hinzukommen – wie bei konventionellen Anlagen – die Kosten für das Hochfahren anderer Kraftwerke zum Ausgleich der reduzierten Einspeisung. Auch hier beziehen sich die angegebenen Kosten auf die reduzierte Einspeisemenge der EE-Anlagen.
Die Gesamtkosten für das Netzengpassmanagement setzen sich wie folgt zusammen:
Die vorläufigen Einsatzkosten für Redispatchmaßnahmen mit konventionellen Anlagen beliefen sich im ersten Quartal 2025 auf 370 Mio. Euro und sind im Vergleich zum Vorjahresquartal deutlich gestiegen (Q1 2024: 215 Mio. Euro). Der Anstieg ist im Wesentlichen auf ein höheres Redispatch-Volumen sowie auf gestiegene Brennstoffpreise zurückzuführen – etwa bei Steinkohle (Q1 2024: 101 US-Dollar/t; Q1 2025: 109 US-Dollar/t) und Gas (Day-ahead: Q1 2024: 27,65 Euro/MWh; Q1 2025: 48,00 Euro/MWh).
Der finanzielle Ausgleich an die Betreiber von abgeregelten Erneuerbaren-Energien-Anlagen betrug im ersten Quartal 2025 rund 70 Mio. Euro und ist um rund 44 Prozent gesunken (Q1 2024: 124 Mio. Euro). Bei der Reduzierung der Einspeisung von direktvermarkteten EE-Anlagen werden Anlagenbetreiber ökonomisch so gestellt, als habe der Eingriff nicht stattgefunden. Die Anlagenbetreiber bzw. deren Direktvermarkter erhalten vom Netzbetreiber Strom in der abgeregelten Menge in ihren Bilanzkreis eingestellt. Dadurch wird der Anlagenbetreiber so gestellt, dass er das von ihm getätigte Handelsgeschäft tatsächlich erfüllen kann. Damit kann der Anlagenbetreiber den mit dem Direktvermarkter vereinbarten Markterlös unverändert einnehmen. Vom Netzbetreiber erhält er zusätzlich als EEG-Förderung die sogenannte „Marktprämie“, wie die Förderzahlung im Rahmen der Direktvermarktung nach dem EEG genannt wird. Die Marktprämie ist die Differenz zwischen dem anzulegenden Wert der Anlage, welcher den primären Erlösbedarf für diese Erneuerbare-Energien-Anlage darstellt, und dem monatlichen Durchschnittspreis für Strom an der Börse. Bei steigenden Markterlösen nimmt der Förderbedarf ab, weshalb das o.g. Sinken des finanziellen Ausgleichs zu einem Teil auf den gestiegenen Großhandelspreis zurückzuführen ist. Volkswirtschaftlich steht dem finanziellen Ausgleich eine Minderausgabe aus dem EEG-Konto in gleicher Höhe gegenüber, weshalb der finanzielle Ausgleich insgesamt nicht zu zusätzlichen Ausgaben führt.
Die vorläufigen vorhalte- und einsatzunabhängigen Kosten für Reservekraftwerke beliefen sich im ersten Quartal 2025 auf 197 Mio. Euro (Q1 2024: 122 Mio. Euro). Die Einsatzkosten lagen bei rund 124 Mio. Euro (Q1 2024: 76 Mio. Euro), sodass sich die Gesamtkosten auf etwa 321 Mio. Euro beliefen. Der Anstieg der Einsatzkosten ist auf die höhere Zahl an Reservekraftwerkseinsätzen im Vergleich zum Vorjahresquartal zurückzuführen. Der Anstieg der Vorhaltekosten resultiert daraus, dass neue Anlagen in die Netzreserve aufgenommen wurden, bei denen Maßnahmen zur Wiederinbetriebnahme und Vorhaltung erforderlich waren.
Die durchschnittlichen Kosten für den Einsatz der Reservekraftwerke (ohne Vorhaltung, Probestarts und Testfahrten) lagen im ersten Quartal 2025 bei 233,8 Euro/MWh und damit leicht unter dem Vorjahreswert (Q1 2024: 244,3 Euro/MWh) – trotz gestiegener Brennstoffpreise. Dieser Rückgang erklärt sich unter anderem dadurch, dass die Erstbeschaffung von Brennstoffen den Vorhaltekosten zugeordnet wird und somit nicht in die einsatzbezogenen Kosten eingeht. Nur Nachbeschaffungen fließen in die Berechnung der Erzeugungsauslagen ein. Zudem führt das Bevorratungskonzept – mit einer Reserve für mehrere Volllasttage – zu einer zeitlichen Entkopplung von Brennstoffkauf und Kraftwerkseinsatz. Die hier angegebenen Kosten pro MWh beziehen sich – anders als bei den Werten zur Reduzierung konventioneller und erneuerbarer Anlagen – ausschließlich auf die erhöhte Energiemenge der Reservekraftwerke. Ein direkter Vergleich ist daher nicht möglich.
Die Kosten für Countertrading betrugen im ersten Quartal 2025 rund 33 Mio. Euro und sind trotz des mengenmäßigen Rückgangs um 136 Prozent angestiegen (Q1 2024: 14 Mio. Euro). Dieser Anstieg ist auf die im Vergleich zum Vorjahresquartal gestiegenen Großhandelspreise zurückzuführen.