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Netzengpass

Wenn technische Grenzen den Stromfluss beeinträchtigen

Der Stromhandel bringt Angebot und Nachfrage im europäischen Binnenmarkt zusammen. Über das Stromnetz wird Strom von den Erzeugungsanlagen zu den Verbrauchern transportiert. Jede einzelne Leitung hat dabei eine gewisse maximale Transportkapazität, die nicht überschritten werden sollte, um Schäden zu vermeiden.

Damit im Stromnetz Leistung sicher übertragen werden kann, müssen verschiedene Parameter beachtet werden. Zu diesen zählen u.a. die Kenngrößen Strom und Spannung, deren Grenzwerte eingehalten werden müssen. Die Strombelastbarkeit beziffert dabei die maximale Stromstärke, bei der keine Erwärmung über zulässige Betriebstemperaturen hinaus stattfindet. Wird die Strombelastbarkeit von Netzbetriebsmitteln (z.B. Leitungen) überschritten, spricht man auch von einem strombedingten Netzengpass.

Für den sicheren Netzbetrieb ist darüber hinaus auch die Spannung eine wichtige Kenngröße. Sie muss je nach Netzebene in einem bestimmen Bereich, dem sogenannten „Spannungsband“, gehalten werden. Sind die Spannungen im Netz zu hoch, kann dies zu Schäden an Netzbetriebsmitteln führen.
Zu geringe Spannungen im Netz haben ebenfalls negative Auswirkungen auf den Netzbetrieb. So wird z.B. die zur Verfügung stehende Übertragungskapazität negativ beeinflusst. Da bei Spannungsbandverletzungen die Energie nicht mehr sicher transportiert werden kann, spricht man auch von einem spannungsbedingten Netzengpass.

Um Gefährdungen der Netz- und Systemsicherheit zu verhindern, sind die Übertragungs- und Verteilernetzbetreiber nach dem Energiewirtschaftsgesetz dazu verpflichtet, bei Bedarf einzugreifen und drohende Netzengpässe abzuwenden. Sie haben die strom- und spannungsbedingten Anpassungen netzübergreifend so zu planen und durchzuführen, dass insgesamt die kostengünstigste Lösung gewählt wird.

Anhand von Handelsdaten, dem gemeldeten Strombedarf, sowie der gemeldeten Kraftwerkseinsatzplanung („Dispatch“) können sie sogenannte Lastflussberechnungen durchführen. Damit können sie prognostizieren, an welchen Stellen im Netz es zu Netzengpässen kommen würde. Drohen Engpässe im Übertragungs- oder Verteilnetz, so können Übertragungs- oder Verteilernetzbetreiber einzelne Erzeugungsanlagen zur Anpassung ihrer Erzeugung anweisen. Vereinfacht gesagt müssen Anlagen diesseits eines Engpasses ihre Erzeugung drosseln, während Anlagen jenseits des Engpasses ihre Erzeugung erhöhen müssen. Es ändert sich also nicht die Menge der Erzeugung, sondern deren Verteilung. Diesen Eingriff in den Dispatch nennt man „Redispatch“. Ein wesentlicher Teil dieser Maßnahme stellt also das gezielte Drosseln und Anfahren einzelner Kraftwerke dar. Auf diese Weise werden Engpässe abgewendet und das Netz kann weiter sicher betrieben werden.  In der sogenannten „Netzreserve“ werden darüber hinaus Kraftwerke bereitgehalten, die herangezogen werden können um kurzfristig mehr Strom einzuspeisen.

Um einen spannungsbedingten Netzengpass zu verhindern, kann auch die sogenannte Blindleistung eingesetzt werden. Sie verrichtet keine nutzbare Arbeit, hilft jedoch dabei in einem Wechselstromnetz elektrische und magnetische Felder auf- und abzubauen. Sie wird von den Netzbetreibern, zum Beispiel bei einem spannungsbedingten Redispatch, eingesetzt.

Da Strom aus erneuerbaren Energien einen gesetzlichen Einspeisevorrang hat, wurde für dessen Abregelung ein sogenannter „Mindestfaktor“ durch die Bundesnetzagentur festgelegt. Soweit die Abregelung von konventioneller Erzeugung zur Entlastung eines Engpasses geeignet und verfügbar ist, dürfen die Netzbetreiber auf die Abregelung von Strom aus erneuerbaren Energien (EE-Strom) nur dann zurückgreifen, wenn diese um den Faktor zehn wirksamer ist. Bei der Abregelung von wärmegekoppelt erzeugtem Strom aus „hocheffizienten“ KWK-Anlagen (KWK-Strom) liegt dieser Faktor bei fünf. Für die praktische Umsetzung werden die Mindestfaktoren in „kalkulatorische“ Abregelungspreise übersetzt, die die Netzbetreiber bei ihrer Auswahl der günstigsten Gesamtlösung ansetzen müssen.

Wird eine Anlage zum Redispatch herangezogen, so werden die Folgen energetisch, bilanziell und finanziell ausgeglichen: Die Anlagenbetreiber werden finanziell so gestellt, als hätte es gar keinen Eingriff der Netzbetreiber gegeben. Durch den energetisch-bilanziellen Ausgleich von Strommengen werden zugleich Schiefstände im System und in den betroffenen Bilanzkreisen vermieden. Der Redispatch-Eingriff der Netzbetreiber erfolgt somit grundsätzlich marktneutral. Der Stromhandel kann trotz zwischenzeitig auftretender Engpässe ungestört abgewickelt werden.

Neben klassischen Redispatch-Maßnahmen setzen die Übertragungsnetzbetreiber beispielsweise auch Countertrading ein. Dabei kaufen oder verkaufen die Netzbetreiber kurzfristig Strom am Intraday-Markt und verhindern so einen Engpass.

Auf SMARD können unter anderem die Kosten für Countertrading und andere Netzsicherheitsmaßnahmen abgerufen werden. Die Lieferung der Daten erfolgt vor dem letzten Arbeitstag des nachfolgenden Monats.
Weitere Informationen zu den Kosten für die Wahrung der Systemsicherheit finden sich auch im Monitoringbericht, den die Bundesnetzagentur jährlich gemeinsam mit dem Bundeskartellamt veröffentlicht. Regelmäßig veröffentlicht die Bundesnetzagentur auch Berichte zum Netzengpassmanagement.

Um langfristig Netzengpässe zu vermeiden, ist der Ausbau des Stromnetzes notwendig. Unter anderem deshalb ermitteln die Übertragungsnetzbetreiber regelmäßig den entsprechenden Bedarf. Dazu wird der sogenannte Szenariorahmen formuliert und der Bundesnetzagentur vorgelegt. Er beschreibt wahrscheinliche Entwicklungen der deutschen Energielandschaft in den kommenden Jahren. Auf dieser Grundlage wird dann der Netzentwicklungsplan erstellt. Weitere Informationen zum Thema Netzausbau werden hier bereitgestellt.

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